Österliches Triduum

Martin Rieger am 14.04.2023

Bild 3 Osternacht Feuer und Lichtweihe Osterkerze wird entzuendet 8 04 2023 Dorfner

Hochfest der Auferstehung des Herrn – Die Feier der Osternacht in der Stiftspfarrkirche St. Philippus und Jakobus

Lesun­gen: Gen 1,12,2.; Ex 14,1515,1.; Jes 55,111.; Röm 6,311.; Mt 28,110.

Pre­digt von Stadt­pfar­rer und Stifts­propst Dr. Klaus Metzl:

Lie­be öster­li­che Festgemeinde!

Das Leit­wort der öster­li­chen Lit­ur­gie heißt: Heu­te! Die­ses Heu­te ist nicht thea­tra­lisch gemeint, etwa in dem Sin­ne, dass wir längst Ver­gan­ge­nes wie­der zur Auf­füh­rung brin­gen, so wie es die Pas­si­ons­spie­le machen, die uns für einen Augen­blick aus der Wirk­lich­keit des All­ta­ges in eine Schein­welt des Thea­ters ent­flie­hen las­sen, in längst ver­gan­ge­ne Tage. Nein: Lit­ur­gie will nicht Spiel sein, son­dern das Hin­zu­tre­ten in die eigent­li­che Wirk­lich­keit, das Her­aus­tre­ten aus unse­rer ver­meint­li­chen Wirk­lich­keit, in der wir leben, in der wir uns bewe­gen und sind, die fort­wäh­rend zer­fällt und ins Nichts hin­ein ver­geht, zu der Wirk­lich­keit, die so wirk­lich ist, dass sie bleibt, dass sie uns trägt und hält. Lit­ur­gie will nicht weni­ger, will nicht Flucht aus der All­tags­wirk­lich­keit auf eine Spiel­wie­se lit­ur­gi­scher Äußer­lich­kei­ten sein, son­dern ein Mehr an Wirk­lich­keit, ein Hin­ein-Schwin­gen in das, was wir hei­lig und ewig nen­nen, das Auf­neh­men des Ur-Rhyth­mu­s­es des Lebens und der Lie­be, die Gott seit der Erschaf­fung der Welt in die­se – und damit auch in uns – hin­ein­ge­legt hat. Die­ses Ein­tre­ten und Hin­zu-Tre­ten in die neue und unver­gäng­li­che Wirk­lich­keit ist mög­lich, weil die Auf­er­ste­hung Jesu nicht ver­gan­gen ist, son­dern – und das ist ja das zen­tra­le Geheim­nis des Oster­fes­tes, das wir fei­ern! – mit der Auf­er­ste­hung ist der gekreu­zig­te Herr Jesus Heu­te aus dem Ver­gäng­li­chen mensch­li­chen Daseins ins Blei­ben­de und Ewi­ge der himm­li­schen Herr­lich­keit her­aus­ge­tre­ten. Er der Auf­er­stan­de­ne ist Heu­te auf­er­stan­den und wenn wir in IHM blei­ben – in leben­di­gem Glau­ben und tie­fer Freund­schaft – dann wer­den auch wir Heu­te auf­er­ste­hen; wer­den auch wir Heu­te wie­der neu teil­ha­ben am ver­klär­ten Leben der himm­li­schen Herr­lich­keit (Lk 23,43), die in Jesus Chris­tus offen­bar und uns aus rei­ner Gna­de geschenkt wor­den ist. Und die­ses Geheim­nis voll­zieht sich und wird real in der Tau­fe, die ja – wie der Apos­tel Pau­lus im Brief an die Römer schreibt – Voll­zug und Anteil­ha­be an Jesu Tod und Auf­er­ste­hung (Röm 6,3f) ist. Und des­we­gen ist die Fei­er der Auf­er­ste­hung des Herrn in der Oster­nacht von alters her der Ur-Ort der Tau­fe, in der sich im Hier und Heu­te für uns Auf­er­ste­hung ereig­net und Wirk­lich­keit wird. 

Wenn wir das hören, dann klingt das alles so theo­re­tisch und abs­trakt! Unse­re Vor­stel­lun­gen von der Fei­er der Tau­fe sind doch sehr viel beschei­de­ner gewor­den. Wir haben uns den Sinn die­ses Sakra­men­tes auf unse­re ver­steh­ba­ren Lebens­zu­sam­men­hän­ge zurecht­ge­schnit­ten. Wenn bei­spiels­wei­se Eltern ihre Kin­der zur Tau­fen tra­gen, dann ist das heu­te viel­fach doch so, dass sie kaum an die Teil­ha­be ihres Kin­des an der Auf­er­ste­hungs­ge­mein­schaft mit Chris­tus den­ken, son­dern viel­mehr an ein Fami­li­en­fest, das die Freu­de über die Geburt des Neu­ge­bo­re­nen zum Aus­druck bringt. Und viel­leicht spielt auch der Gedan­ke mit, dass man sich ungern von einer alt­ehr­wür­di­gen Tra­di­ti­on tren­nen möch­te, die den Vor­fah­ren hei­lig war und an der viel­leicht doch etwas dran sein könn­te. Und es mag auch der Gedan­ke noch eine Rol­le spie­len, dass man die­ses jun­ge Leben, das nun die Schwel­le in eine Zukunft betritt, die vol­ler unbe­kann­ter Gefah­ren ist, dass man die­ses jun­ge Leben einem höhe­ren Schutz und Segen anver­trau­en möch­te. Und vor allem wirkt noch der Gedan­ke mit, dass man durch die Tau­fe Mit­glied in der Gemein­schaft der Kir­che wird, dass die Tau­fe die Mit­glied­schaft in der Kir­che als Insti­tu­ti­on mit allen Kon­se­quen­zen zur Fol­ge hat.

Alle die­se Deu­tun­gen sind rich­tig, aber grei­fen zu kurz. Denn Tau­fe als Anteil­ha­be an Jesu Tod und Auf­er­ste­hung besagt, dass wir, die Getauf­ten, Heu­te, Hier und Jetzt, schon Anteil haben am ewi­gen Leben. Wir gehö­ren zur Gemein­schaft der Hei­li­gen. Der Tod hat kei­ne Macht mehr über uns. Ster­ben ist uns Gewinn, bedeu­tet Heim­kehr in die himm­li­schen Woh­nun­gen, die Gott für uns vor­be­rei­tet hat (Joh 14,2). Ostern und Tau­fe bedeu­tet Pascha – Über­gang – in die eigent­li­che Wirk­lich­keit des ewi­gen Heu­te in der Herr­lich­keit des Him­mels. Tau­fe ist die öffent­li­che Bekun­dung und Bestä­ti­gung, dass die Lie­be stär­ker ist als der Tod (Hld 8,6) und dass die Lie­be nie­mals auf­hört (1 Kor 13,8). Die Tauf­lit­ur­gie der Kir­che, so wie wir sie gleich mit zwei Kin­dern fei­ern wer­den, deu­tet dies in vie­ler­lei Sym­bo­len. Zunächst mit dem Was­ser: Es ist das Sym­bol für Leben, für Krea­ti­vi­tät und Schöp­fungs­kraft. Im Was­ser wer­den wir gerei­nigt, sodass wir Chris­tus mit wei­ßen Gewän­dern anzie­hen (Gal 3,27) und zur Gemein­schaft der Hei­li­gen zäh­len. Durch das Bad der Wie­der­ge­burt im Was­ser der Tau­fe wer­den wir von der Schuld des ers­ten Adam, die zum Tode führt, befreit, und auf­ge­nom­men in die Wirk­lich­keit des ewi­gen Lebens des zwei­ten Adam, Christus!

Und das Licht der Tauf­ker­ze, das an der Oster­ker­ze ent­zün­det und den Eltern und Paten des Kin­des anver­traut wird, macht deut­lich, dass der hei­li­ge Fun­ke Chris­ti auf den Täuf­ling über­springt, dass Chris­tus, das Licht der Welt, die Täuf­lin­ge erleuch­tet. Sie sol­len als Kin­der des Lich­tes leben, sich im Glau­ben bewäh­ren und dem Herrn und allen Hei­li­gen ent­ge­gen­ge­hen, wenn er kommt in Herr­lich­keit. Und so wol­len wir nun die bei­den Täuf­lin­ge mit ihren Eltern und Paten in die Kir­che, in die Gemein­schaft der Getauf­ten, her­ein­ho­len, damit auch sie Heu­te ein­ge­glie­dert wer­den in die neue Wirk­lich­keit des ewi­gen Lebens, die uns bereits in der Tau­fe geschenkt wurde.

Amen

Bild 13 Osternacht Speisenweihe 8 04 2023
Bild 8 Taufe des kleinen Benedikt in der Osternacht 8 04 2023
Dorfner
Bild 5 Osternacht Wasserweihe 8 04 2023

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