In Altötting ist oft vom „Pfingststurm“ die Rede. Gemeint ist dann allerdings kein vom Himmel brausender Heiliger Geist und auch kein Unwetter, sondern viele Tausende Wallfahrer, die in den kleinen Wallfahrtsort strömen; die das Gnadenbild besuchen, die die Kirchen füllen, die die Gastwirte beschäftigen (und die so manchen einheimischen Autofahrern eine kleine ungeplante Pause verschaffen).
Nach zwei Jahren Corona-Flaute hat dieser „Sturm“ nun wieder an Kraft gewonnen: insgesamt 30 Wallfahrts-Gruppen waren offiziell angemeldet, es kamen noch etliche nicht-angemeldete hinzu. Wallfahrer kamen unter anderem aus Eichendorf, Riedenburg, Freising, Erding (75. Mal), Deggendorf, Lalling (187. Mal), Winzer, Gündlkofen, Straubing (140. Mal), Neumarkt St. Veit, Oberhausen … Gruppen aus den USA waren heuer auch an Pfingsten am Gnadenort. Am Pfingst-Wochenende ist der Kapellplatz belebt wie selten.
„Ist das ein Bild! So lange vermisst“, freute sich Pfarrer Hannes Lorenz, als er am Pfingstsamstag, 4. Juni in der Basilika die Regensburger Fußwallfahrer begrüßte. Zwar war die größte zusammenhängende Fußwallfahrt Deutschlands auch während Corona nie ausgefallen, hatte aber nur mit ein paar wenigen „Stellvertretern“ stattgefunden. Jetzt endlich konnten sich wieder viele Menschen auf den über 111 Kilometer langen Weg nach Altötting machen. Knapp 2.000 Pilger waren es am Ende. Für Pilgerleiter Bernhard Meiler war die 193. Regensburger Diözesanfußwallfahrt „eine – für unsere Verhältnisse – kleine, aber feine Wallfahrt“. Sonst zählt sie rund 8.000 Teilnehmer. Doch auch bei Meiler überwiegte die Freude: „Wir sind dankbar, dass wir nach zwei Jahren wieder aufbrechen durften.“ Zuvor waren die Pilger betend und singend in die Basilika eingezogen, wo sie der stellvertretende Wallfahrtsrektor, Br. Marinus Parzinger, begrüßte: „Vergelt’s Gott für Euer Zeugnis und Euer gutes Beispiel!“ Mit schwenkenden Pilgertüchern empfingen die Wallfahrer die Kopie des Gnadenbilds, das extra für sie in die Basilika getragen wurde. „Unter deinen Schutz und Schirm …“, lautete das Motto der diesjährigen Wallfahrt – entlehnt an eines der ältesten bekannten Mariengebete. Unterhalb des Gnadenbildes wurde auch heuer wieder ein Buch mit vielen Gebetsanliegen der Regensburger platziert. „All diese Anliegen, die unser Herz bewegen, die uns Kopfzerbrechen bereiten, legen wir in unserem Anliegenbuch ganz bewusst hier vorne im Altarraum hin zum Gnadenbild“, erklärte der Hauptzelebrant und Prediger, „Pilgerpfarrer“ Hannes Lorenz. Bischof Rudolf Voderholzer konnte heuer aufgrund einer „noch nicht lange zurückliegenden Corona-Erkrankung nicht, wie ursprünglich fest vorgehabt, mitgehen“, wie das Bistum Regensburg mitteilte. Er hatte den Pilgern aber in Regensburg den Segen auf den Weg nach Altötting gegeben.
Am Pfingstmontag ist die Wallfahrt der Legio Mariae in Altötting angekommen. Einige Pilger trugen beim Einzug schwere, teils mannsgroße Holzkreuze auf ihren Schultern, weitere schwangen die roten Legio-Fahnen. So weit war dies ein gewohntes Bild. Allerdings kamen nicht wie sonst 7 – 8000 Pilger, sondern nur 700. Wie immer trafen sich die Wallfahrer, die aus München, Freising, Rosenheim, Augsburg und Salzburg kommen, in Heiligenstatt, um von dort gemeinsam nach Altötting zu gehen. Dieses Mal aber waren sie nur diese restliche Strecke zu Fuß marschiert und hatten sich zuvor mit dem Bus bringen lassen – zu knapp war aufgrund der Pandemie die Vorbereitungszeit, um diese große Wallfahrt, insbesondere Übernachtungsquartiere, zu organisieren, wie Pilgerleiter Florian Robida und sein Stellvertreter Andreas Wimmer (Verein „Pfingstwallfahrt Altötting e.V.“) mitteilten. 700 Teilnehmer waren laut Wallfahrtsprogramm gemeldet, zusammen mit den „Abholern“ etwa doppelt so viele füllten die Basilika, um an der Pilgermesse mit Domkapitular Daniel Reichelt (Rosenheim) teilzunehmen. Der Hauptzelebrant war überwältigt angesichts der vollen St. Anna-Basilika: „Schön, dass Sie da sind“.
Nicht alle Gruppen, die sonst an Pfingsten kommen, waren da. „Wir sind weniger als sonst“, war darüber hinaus eine oft gehörte Auskunft der Pilgerleiter. Es waren dennoch überraschend viele Wallfahrer. Immerhin hatten die Organisatoren weitaus weniger Vorlaufzeit zur Vorbereitung wie sonst; erst heuer im März nach Aufhebung der Corona-Beschränkungen konnte fest geplant werden, wobei hierbei vor allem die Suche nach Übernachtungsquartieren ein in dieser kurzen Zeit schwer zu überwindendes Hindernis darstellte. Bei den Regensburgern etwa musste sich jeder Teilnehmer selbst eine Bleibe für die Nacht organisieren. Darüber hinaus waren einige wohl einfach vorsichtig und blieben lieber noch einmal mehr daheim. Nach der Pandemie muss sich alles erst einmal wieder finden, wie es der stellvertretende Wallfahrtsrektor, Br. Marinus Parzinger, sagte. Vor allem bei vielen der „kleineren“, rund 100 bis 300 Teilnehmer zählenden Wallfahrten, fiel auf, dass der Aderlass gar nicht so groß war. Schwerer war die Vorbereitung für die ganz großen Gruppen, etwa für die aus Regensburg oder für die der Legio Mariae aus München. Insgesamt steht für alle stellvertretend das Resümee von Bernhard Landmann, Leiter der Wallfahrt aus Ismaning: „Es geht scho wieder weiter!“
Text: Michael Glaß
Fotos: Roswitha Dorfner