Gnadenkapelle mit Europafahne Mai 2013 2 Foto: Roswitha Dorfner

Gnadenkapelle

Es ist schon sehr tief­sin­nig und anrüh­rend, wenn man weiß, dass an zwei Tagen im Jahr und zwar aus­ge­rech­net am Hoch­fest der Ver­kün­di­gung des Herrn“ (Mariä Ver­kün­di­gung) am 25. März und an Mariä Geburt am 8. Sep­tem­ber der Son­nen­stand exakt so ist, dass – just an die­sen bei­den Tagen – ein Licht­strahl durch ein klei­nes Fens­ter der Kapel­le fällt, der dabei lang­sam über die Figur des Bru­der Kon­rad vor dem Gna­den­al­tar hin­auf wan­dernd das dunk­le Gesicht des Gna­den­bil­des berührt und erleuchtet.”

Hildegard Pollety

Das Erschei­nungs­bild der Hei­li­gen Kapel­le ist geprägt vom Okto­gon, einem acht­ecki­gen Bau mit Spitz­hau­be, des­sen Ursprung bis heu­te nicht gesi­chert belegt wer­den konn­te. Viel­fäl­tig sind jedoch die Sagen und Legen­den um sei­ne Ent­ste­hung. Schrift­lich bekun­det wur­de der Bau erst­mals 877. Viel­leicht war es die Tauf­ka­pel­le zum Stift, das von König Karl­mann in Alt­öt­ting begrün­det wurde.

Die Abbil­dung der Okto­gon-Kapel­le mit einer thro­nen­den Madon­na im Stadt­sie­gel der Nach­bar­stadt Neuöt­ting aus dem 13. Jahr­hun­dert zeugt jeden­falls von einer beson­de­ren Bedeu­tung des Bau­wer­kes in alten Zeiten.

Das Langhaus

Dem Okto­gon ist west­lich anschlie­ßen­den ein Lang­haus mit Kirch­turm ange­baut wor­den. Das Lang­haus ist nach Ein­set­zen der Wall­fahrt durch die ers­ten Wun­der im Jah­re 1489 ent­stan­den und stand im Jah­re 1497 schon. 

Die Plä­ne von Kur­fürst Fer­di­nand Maria (16511679), die Kapel­le mit einem Kup­pel­dom zu über­bau­en, wur­den aus Geld­man­gel ein­ge­stellt. Den Ent­wurf des Hof­bau­meis­ter Enri­co Zuc­ca­li kann man im Haus Papst Bene­dikt XVI. – Schatz­kam­mer und Wall­fahrts­mu­sem bewun­dern. Der Bau der Hei­li­gen Kapel­le blieb unver­än­dert und hat so ihre ein­zig­ar­ti­ge Aus­strah­lung bis heu­te erhal­ten. Ledig­lich der weit­läu­fi­ge Kapell­platz rund um das klei­ne Kirch­lein hat in den Jahr­hun­der­ten sein Erschei­nungs­bild verändert.

Der Umgang

Rund um den Kir­chen­bau lädt ein durch Arka­den durch­bro­che­ner Pil­ger­um­gang jeder­zeit zum Gebet ein. Über 50 gro­ße Mira­kel­bil­der und rund 2.000 Votiv­ta­feln zeu­gen von der wirk­mäch­ti­gen Hil­fe der Gna­den­mut­ter von Alt­öt­ting. Holz­kreu­ze ste­hen an der Nord­sei­te der Kapel­le bereit. Die­se wer­den von Betern rund um die Gna­den­ka­pel­le getra­gen. Das Kreuz­tra­gen beglei­tet das inni­ge Gebet in den Anlie­gen des Beters im Ver­trau­en auf Erhö­rung. Dane­ben bezeu­gen Krü­cken, Pro­the­sen und sons­ti­ges Votiv­ga­ben von der himm­li­schen Hil­fe. Auch das gro­ße Sto­cker­kreuz ist ein Zeu­ge einer wun­der­ba­ren Gebets­er­hö­rung – aber dies ist eine eige­ne Geschich­te, die als klei­nes Heft­chen in der Sakris­tei der Hei­li­gen Kapel­le gegen einen Unkos­ten­bei­trag erstan­den wer­den kann. 

Der Heilige Raum

Durch ein spät­ro­ma­ni­sches Por­tal und unter der Schutz­man­tel­ma­don­na hin­durch betritt man das Inne­re des Okto­gon. Der ver­gol­de­te Gna­den­al­tar erstrahlt im Ker­zen­licht und zieht sogleich den Blick an. Das Bild­nis der Gna­den­mut­ter in ihrem Schrein ober­halb des sil­ber­nen Taber­na­kels ist der Mit­tel­punkt, umrahmt von zahl­rei­chen Sil­ber­fi­gu­ren als sym­bol­haf­te Erzäh­lung. Sil­ber und Gold – die Far­ben von Gott und Maria sind im Altar­bild kunst­voll verbunden.

Die Gnadenstatue

Das 64 cm gro­ße Gna­den­bild ist aus Lin­den­holz gefer­tigt, stammt aus dem Bur­gund und wur­de über das nahe Zis­ter­zi­en­ser­klos­ter Rai­ten­has­lach nach Alt­ö­ting gebracht. Seit 1518 wer­den Mut­ter und Kind mit kost­bar bestick­ten Gewän­dern beklei­det.

Die dunk­le Fär­bung von Gesicht und Hän­de hat dem Gna­den­bild im Volks­mund den Titel Schwar­ze Madon­na“ ein­ge­bracht. Grund für die Ver­fär­bung ist allein der rußi­ge Rauch der Altar­ker­zen, dem das Bild­nis über vie­le Jahr­hun­der­te aus­ge­setzt war. Ver­stärkt hat die­sen opti­schen Effekt auch die Pati­nie­rung des ein­ge­ar­bei­te­ten Sil­ber­lüs­ters. Der mil­de, lieb­li­che Gesichts­aus­druck der Got­tes­mut­ter – müt­ter­lich ver­ste­hend lächelnd — hat Mil­lio­nen von Men­schen ange­zo­gen. Das schön geschaf­fe­ne höl­zer­ne Abbild ver­weist auf unse­re Mut­ter im Him­mel, die uns durch das Erden­tal hin zur ewi­gen Hei­mat lei­ten möch­te. Unter dem Gna­den­bild ist im Gna­den­al­tar der Wei­he­brief von Kur­fürst Maxi­mi­li­an I. ver­bor­gen, in dem er sich und das gan­ze Bay­ern­land mit eige­nem Blut geschrie­ben der Got­tes­mut­ter weiht. 

Wenn ein Bild, aus Holz, recht­schaf­fen geschnitzt und ein­fach bemalt, hilft, dass die zwei oder drei zusam­men­kom­men im Namen des Herrn und zur Ehre sei­ner Mut­ter, dann ist es ein Gnadenbild.”

Bayerische Wallfahrt Altötting von DDr. Robert Bauer