Gnadenkapelle
„Es ist schon sehr tiefsinnig und anrührend, wenn man weiß, dass an zwei Tagen im Jahr und zwar ausgerechnet am „Hochfest der Verkündigung des Herrn“ (Mariä Verkündigung) am 25. März und an Mariä Geburt am 8. September der Sonnenstand exakt so ist, dass – just an diesen beiden Tagen – ein Lichtstrahl durch ein kleines Fenster der Kapelle fällt, der dabei langsam über die Figur des Bruder Konrad vor dem Gnadenaltar hinauf wandernd das dunkle Gesicht des Gnadenbildes berührt und erleuchtet.”
Das Erscheinungsbild der Heiligen Kapelle ist geprägt vom Oktogon, einem achteckigen Bau mit Spitzhaube, dessen Ursprung bis heute nicht gesichert belegt werden konnte. Vielfältig sind jedoch die Sagen und Legenden um seine Entstehung. Schriftlich bekundet wurde der Bau erstmals 877. Vielleicht war es die Taufkapelle zum Stift, das von König Karlmann in Altötting begründet wurde.
Die Abbildung der Oktogon-Kapelle mit einer thronenden Madonna im Stadtsiegel der Nachbarstadt Neuötting aus dem 13. Jahrhundert zeugt jedenfalls von einer besonderen Bedeutung des Bauwerkes in alten Zeiten.
Das Langhaus
Dem Oktogon ist westlich anschließenden ein Langhaus mit Kirchturm angebaut worden. Das Langhaus ist nach Einsetzen der Wallfahrt durch die ersten Wunder im Jahre 1489 entstanden und stand im Jahre 1497 schon.
Die Pläne von Kurfürst Ferdinand Maria (1651−1679), die Kapelle mit einem Kuppeldom zu überbauen, wurden aus Geldmangel eingestellt. Den Entwurf des Hofbaumeister Enrico Zuccali kann man im Haus Papst Benedikt XVI. – Schatzkammer und Wallfahrtsmusem bewundern. Der Bau der Heiligen Kapelle blieb unverändert und hat so ihre einzigartige Ausstrahlung bis heute erhalten. Lediglich der weitläufige Kapellplatz rund um das kleine Kirchlein hat in den Jahrhunderten sein Erscheinungsbild verändert.
Der Umgang
Rund um den Kirchenbau lädt ein durch Arkaden durchbrochener Pilgerumgang jederzeit zum Gebet ein. Über 50 große Mirakelbilder und rund 2.000 Votivtafeln zeugen von der wirkmächtigen Hilfe der Gnadenmutter von Altötting. Holzkreuze stehen an der Nordseite der Kapelle bereit. Diese werden von Betern rund um die Gnadenkapelle getragen. Das Kreuztragen begleitet das innige Gebet in den Anliegen des Beters im Vertrauen auf Erhörung. Daneben bezeugen Krücken, Prothesen und sonstiges Votivgaben von der himmlischen Hilfe. Auch das große Stockerkreuz ist ein Zeuge einer wunderbaren Gebetserhörung – aber dies ist eine eigene Geschichte, die als kleines Heftchen in der Sakristei der Heiligen Kapelle gegen einen Unkostenbeitrag erstanden werden kann.
Der Heilige Raum
Durch ein spätromanisches Portal und unter der Schutzmantelmadonna hindurch betritt man das Innere des Oktogon. Der vergoldete Gnadenaltar erstrahlt im Kerzenlicht und zieht sogleich den Blick an. Das Bildnis der Gnadenmutter in ihrem Schrein oberhalb des silbernen Tabernakels ist der Mittelpunkt, umrahmt von zahlreichen Silberfiguren als symbolhafte Erzählung. Silber und Gold – die Farben von Gott und Maria sind im Altarbild kunstvoll verbunden.
Die Gnadenstatue
Das 64 cm große Gnadenbild ist aus Lindenholz gefertigt, stammt aus dem Burgund und wurde über das nahe Zisterzienserkloster Raitenhaslach nach Altöting gebracht. Seit 1518 werden Mutter und Kind mit kostbar bestickten Gewändern bekleidet.
Die dunkle Färbung von Gesicht und Hände hat dem Gnadenbild im Volksmund den Titel „Schwarze Madonna“ eingebracht. Grund für die Verfärbung ist allein der rußige Rauch der Altarkerzen, dem das Bildnis über viele Jahrhunderte ausgesetzt war. Verstärkt hat diesen optischen Effekt auch die Patinierung des eingearbeiteten Silberlüsters. Der milde, liebliche Gesichtsausdruck der Gottesmutter – mütterlich verstehend lächelnd — hat Millionen von Menschen angezogen. Das schön geschaffene hölzerne Abbild verweist auf unsere Mutter im Himmel, die uns durch das Erdental hin zur ewigen Heimat leiten möchte. Unter dem Gnadenbild ist im Gnadenaltar der Weihebrief von Kurfürst Maximilian I. verborgen, in dem er sich und das ganze Bayernland mit eigenem Blut geschrieben der Gottesmutter weiht.
„Wenn ein Bild, aus Holz, rechtschaffen geschnitzt und einfach bemalt, hilft, dass die zwei oder drei zusammenkommen im Namen des Herrn und zur Ehre seiner Mutter, dann ist es ein Gnadenbild.”